Sauerland 2019 – Die Gämsen sind wieder los!

Los geht’s…

Die Autos sind bis zum Dach beladen. Erst die Verpflegung, dann unser Gepäck und die Ausrüstung, zum Schluss wir. Vor der Abfahrt steht direkt die erste Kletterhürde an: auf den eigenen Sitzplatz gelangen. Nachdem diese Herausforderung erfolgreich gemeistert ist, machen wir uns endlich auf den Weg ins Sauerland … und stehen direkt nach der ersten Autobahnauffahrt im Stau.

Also üben wir uns in Geduld. Da die Vorfreude auf die anstehenden Tage so groß ist, macht uns der Stau nichts aus – na gut, er machte uns fast nichts aus.

Endlich an der Sauerland Hütte angekommen, begrüßen uns die bereits eingetroffenen Gämsen und Helfer herzlichst. Dank unserer verspäteten Ankunft ist alles bereits vorbereitet. Wir müssen nur noch unsere Bettdecken beziehen.

Es war aufregend, da dies meine erste Tour war. Und vor allem war es aufregend, da ich seit meiner Schulzeit keinen Schlafplatz mit so vielen Menschen teilen musste. Es war schön zu sehen, dass die ganze Truppe Hand in Hand zusammen gearbeitet hat. Jeder  und ich meine wirklich jeder hat geholfen wo er nur konnte. Als Handicap-Klettergruppe haben natürlich bis auf die Helfer alle GäMSen körperliche Einschränkungen, aber das fing die Gruppe so gut auf, dass wir als Team alles schafften.

Nachdem sich jeder sortiert hatte und alle Schlafplätze vorbereitet waren, befeuerten wir den Grill. Der Abendtisch ist mit Salaten und Grillgut vorbereitet. Das Wetter meint es gut mit uns. Wir essen draußen vor der Hütte und verlieren uns bis zur abendlichen Dämmerung in langen Gesprächen.

So viele Menschen waren dabei, mit unterschiedlichsten Charakteren und Geschichten. Trotz der Unterschiede haben wir alle etwas gemeinsam: Wir alle sind hier weil uns das Klettern neue Kraft spendet. Wir überwinden uns beim Klettern und werden mit spürbar vielen Glückshormonen beschenkt.

Tag 1

Der erste Morgen: Nachdem alle ausgeschlafen oder „mit Hilfe“ des Weckers aufgestanden sind, bereiten wir gemeinsam das Frühstück vor. Weitere Gämsen-Mitglieder stoßen noch beim Frühstück dazu. In der Nacht hat es geregnet. Obwohl draußen alles nass ist, ist die Vorfreude aufs Klettern ungebrochen.

Nachdem sich alle vorbereitet und die Snacks für den Tag gepackt haben, geht es zum Kletterfelsen in der Nähe der Hütte. Einige GäMSen haben bereits Erfahrung bei vorherigen Touren mit dem Felsen gemacht. Es gibt einfache und schwere Routen, sodass auch die Kletterneulinge ein Gefühl für den Stein bekommen können.

Alle notwendigen Seile werden von den Helfern eingehängt und die Kletterrouten vorbereitet. Dann starten wir die Eroberung des Felsens. Bis zu fünf Touren stehen auf dem Programm. Der Anfang gestaltet sich schwierig, da die Felswand durch den nächtlichen Regen noch feucht ist und wir an einigen Stellen abrutschen können. Gegen Mittag lässt sich zum Glück die Sonne wieder blicken und trocknet die nassen Flächen. 

Weitere GäMSen stoßen zur Truppe dazu. Zur Überraschung bekommen wir am Nachmittag noch Besuch von zweien aus Braunshausen, sowie deren beider Kinder – wir hatten die Braunshauserner Truppe bei der Preisverleihung „Sterne des Sports“ 2018 kennengelernt. Sie versorgen uns mit Kaffee und Kuchen, was allen nach den ersten Klettereinheiten gut tut. Anschließend versuchen sie sich mit Erfolg an der Kletterwand.

Jeder persönliche Aufstieg wurde gefeiert. Ob es jemand bis oben an die Spitze schaffte oder nicht spielte keine Rolle. Es war einfach nur wichtig, dass jeder über sich selbst hinauswuchs. Jeder gab sein Bestes. Das Schöne an der Truppe ist, dass wenn einer klettert, sich alle in diese Person reinversetzten und jeder im Geiste mit klettert.

Nach dem tollen ersten Klettertag geht es gemeinsam zurück in die Hütte. Auch hier beweisen wir, dass wir ein echt gutes Team sind: Einige bereiten das Abendessen vor und decken den Tisch, während sich andere nach der Anstrengung frisch machen. Das leckere Abendessen schenkt uns wieder neue Kraft für den nächsten Tag. So lassen wir den Abend ausklingen und schauen uns in versammelter Runde die Fotos des Tages an.

Stellt euch vor ihr müsstet für knapp 40 Leute einkaufen und anschließend kochen. Und am Besten noch so, dass es jedem schmeckt. Eine Herausforderung, aber diese wurde mit Bravour bestanden. Danke nochmal.

Tag 2

Der zweite Morgen ist wieder mal verregnet. So wie die Gämsen das aus den letzten Jahren gewohnt sind. Aber in guter Hoffnung bereiten sich alle wieder zum Klettern an dem Felsen vor. Unter gelegentlichen Regenschauern machen wir uns auf den Weg zu unserem alten Bekannten, dem Felsen. Angekommen gehen die Vorbereitungen los, die Kletterseile werden eingehängt und wir können wieder anfangen zu klettern.

Mir ging es nicht besonders gut an diesen Tag.Es bahnte sich eine Erkältung an. Nach einer Stunde am Platz beschloss ich, mich wieder ins Bett zu begeben. Zurück in der Hütte angekommen, wurde mir von meiner besseren Hälfte erstmal ein heißer Tee zubereitet und ich bin vollkommen erschöpft in einen tiefen Schlaf gefallen. Den restlichen Verlauf des Klettertages konnte ich den Fotos und den Erzählungen der anderen entnehmen.

Im Lauf des Tages stößt noch eine Mädelsgruppe, die sich an diesen Tag denselben Fels vorgenommen hat, zu den Gämsen hinzu. Jeder übt seine Routen und verbessert sich von Route zu Route. Da das Wetter an diesen Tage nicht stabil ist, machen sich einige Gämsen zwischendurch wieder auf den Weg zur Hütte und fangen mit den Vorbereitungen des Abendessens an.

Immer wieder stießen weitere Mitglieder zur Truppe hinzu, leider mussten auch einige schon wieder abreisen. So gab es immer wieder ein Kommen und Gehen in der Truppe. Jeder hat versucht, an der Tour teilzunehmen, was super schön war, dass sich alle trotz vollem Kalender Zeit für die Gemeinschaft nahmen. Das ist Zusammenhalt.

Am letzten Abend bekommen wir auch noch Besuch von Freunden. Die Braunshausener Truppe besucht uns zum abendlichen Grillen und bringt Verpflegung mit. Ein langer Abend mit vielen interessanten Gesprächen. So ein Wiedersehen macht Freude!

… Abfahrt

Am dritten Morgen ist die gemeinsame Frühstücksvorbereitung komplett einspielt. Leider ist es aber auch der letzte Morgen unserer Tour. Da es wiedermal in Strömen regnet, beschließen wir, uns wieder auf dem Heimweg zu machen. Wehmütig packen alle ihre Taschen, denn die letzten Tage der Gemeinschaft waren wunderschön. Uns bleiben viele tolle Erinnerungen der Tour im Kopf.

Einer der GäMSen sagt so schön, dass es ihm nach den paar Tagen Klettern so gut gehen würde, dass er soviel Energie getankt habe und kaum noch etwas von seinen körperlichen Einschränkungen merkt. Es ist unglaublich zu hören und zu sehen, wie vielen das Klettern Kraft schenkt. Ein Dankeschön reicht kaum aus, um die Dankbarkeit an die Menschen auszudrücken, die diese einzigartige Erfahrung ermöglicht haben. 

Herzlichsten Dank für eure Arbeit!

Text: Olga